Narzissmus und schlechte Argumente

Es war einmal eine junge Bergnymphe, die ganz schreckich in einen jungen Herren verliebt war. Das kann passieren und es liegt mir fern, heterosexuelle Verirrungen zu bewerten. Allerdings brachte die Dame verbal nichts Vernünftiges zustande und plapperte immer nur alles nach, was der Geliebte vorplapperte. Das ging diesem ziemlich auf den Zeiger, was ich, ganz unabhänig von der sexueller Orientierung sehr verständlich finde. Es würde mir auf die Dauer auch sehr aufstoßen. Damit ist die Liebesgeschichte zwischen den beiden auch weitgehend erzählt, denn die Dame verpisste sich und führte aus Gram über ihre verlorene Liebe bis in die Gegenwart ein Dasein als Hauch in den Bergen und plappert dort nun ganz wahllos immer alles nach, was ihr vorgeplappert wird. Ganz unabhängig von jedem Liebesbezug übrigens.

Die Liebesgeschichte geht also solo und recht queer weiter, denn der Herr verliebte sich erneut. Allerdings in eine unerreichbar ferne Persönlichkeit, nämlich sich selbst. Diese Begehren nach dem unmittelbar nächsten erwies sich als unstillbar, denn dieser Nächste wird, sobald sich das Begehren auf ihn richtet, die fernste Person. Das Begehren bringt das Begehrte in den vollständigen Entzug.Das hat was mit der Spaltung in Subjekt und Objekt zu tun und dem Riss, der sich auftut, in den sich Begehren eintragen kann oder konnte, oder dem Riss, der das Begehren selbst ist. Irgendwie so. Das führe ich hier nicht näher aus, denn darum geht es gar nicht.

Plausibel wird an dieser Figur des sich ins Unendliche wendende Begehren allerdings, dass es einer Strafe gleichkommt dem Begehren nach sich selbst ausgesetzt zu sein, denn es verschwindet nie indem es sich erfüllt. Das ist bei konventionellem Begehren anders, das findet Erfüllung und man hat eine gewisse Zeit seine Ruhe und kann sich mal was anderem widmen.

Das Konzept ist in seiner Bodenlosigkeit eigentlich ganz cool, weil es so schön perfide ist. Zudem ist es schweinalt, denn die Geschichte von Narziss und Echo wird seit der Antike erzählt. Sie ist daher ziemlich tief in unserem kollektiven Gedächtnis eingegraben. Innerhalb der Kunst- und Literaturgeschichte wurde der Topos des Narziss vielfach bearbeitet, erweitetert, gedeutet, modifiziert. Freud entdeckte die Mechanik des Narzissmus im psychischen Apparat. Das Narzisstische ist vielleicht nicht der schönste, dennoch aber ein wesentlicher Bestandteil dieser Kultur.

Daher scheint mir das Arguement ziemlich blöde, irgendetwas sei aus narzisstischem Antrieb entstanden und daher geringer zu schätzen, Noch blöder ist das Argument, das Werk selbst wäre Ausdruck eines narzisstischen Selbst. Das narzissitische Selbst ist seit der Antike ein Topos in der Kultur- und Geistesgeschichte. Es gibt keinen Grund, warum nun ausgerechnet in der Gegenwart dieser Topos aufzugeben sei. Im Gegenteil ist gerade die Wendung vom Gegenstand der Beschreibung hin zum Beschreibenden selbst hochinteressant, denn es zeigt die obsessive, schöpferische Kraft, die dem narzisstischen innewohnt.

Entzündet hat sich diese Auseinandersetzung an James Franco, der sich in erstaunlich vielen Kunstformen erprobt. Das Argument, all sein Schaffen würde nur um ihn kreisen und wäre daher Ausdruck einer lediglich gesörten, weil narzisstischen Persönlichkeit, fällt dabei im Rezipientenkreis mmer wieder und wird oft mit erstaunlicher Aggressivität vorgetragen.

Ich kenne James Franco nicht, kann daher nichts über seine Persönlichkeit sagen. Sollte es sich um eine naarzistische Persönlichkeit handeln, wird er in oben beschriebener Weise leiden. Täte mir leid, würde aber das Werk nicht diskreditieren.Im Gegenteil.
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