Gregor Bauer wusste nicht, wie lange er gespielt hatte. Es musste eine ganze Weile gewesen sein, denn seine Zigaretten waren inzwischen zur Neige gegangen. Außerdem hatte er Durst. Mit einem weiteren Bier, da war er sich sicher, würde er sich besser konzentrieren und mehr Punkte sammeln können. Er pausierte sein Spiel und machte sich fertig für einen kurzen Spaziergang zur Tankstelle. Dort kaufte er mehr Bier als geplant und auch bei den Zigaretten hatte er sich gleich mit drei Schachteln eingedeckt. Zu Hause setzte er sich an den Schreibtisch und öffnete eine weitere Flasche. Er fühlte, wie gut es ihm tat. Er spielte eine Weile und trank. Er begann die Lust am Spielen zu verlieren. Vielleicht sollte er sich einen Moment hinlegen, einfach entspannen. Er ging mit einem Bier in der Hand zum Sofa, nahm einen Schluck, stellte die Flasche ab und legte sich hin. In dem Moment, in dem er die Augen schloss, mischte sich Realität und Traum. Er war in Olafs Wohnung, lag dort auf Olafs Bett. Umso mehr erschrak Gregor, als das Telefon klingelte. Es war Anna. Er griff zum Bier, trank aus, ging mit dem Handy am Ohr in die Küche und öffnete eine weitere Flasche. Anna teilte ihm mit, sie wolle heute allein sein. Es sei nicht ihr Tag, sie fühle sich zerrissen und sei schlecht drauf. Sie brauche einfach Zeit für sich. Gregor hatte Verständnis, eigentlich war es ihm sogar recht. Er würde einen gemütlichen Computerabend machen. Er legte sich wieder aufs Sofa, stellte sein Bier ab, schloss erneut die Augen und döste ein. Wieder schien es ihm, als läge er in Olafs Bett. Es war auf unbestimmte Weise angenehm. Gregor träumte sich in Olafs Nähe und fühlte sich wohl. Er wehrte sich daher, als es ihn aus diesem angenehmen Gefühl wieder nach oben drückte, hinein ins Wache. Er lag noch eine Weile da, hielt die Augen geschlossen, wusste aber, er würde nicht wieder hinabsinken ins Traumhafte. Er könnte Olaf anrufen, dachte er bei sich. Anna hatte abgesagt, er hatte einen Abend für sich allein. Olaf und er könnten gemeinsam etwas unternehmen, in Tom’s Lounge gehen zu all den Schwulen, die im Grunde doch allesamt sehr nett waren.
Gregor öffnete die Augen und setzte sich auf. Dabei stieß er die Bierflasche um, die er auf den Boden abgestellt hatte.
“Scheiße”, fluchte er. Er griff nach der Flasche, hob sie auf. Sie war noch nicht ganz leer. Er setzte an, nahm den letzten Schluck, brachte die Flasche in die Küche und tauschte sie gegen eine volle. Als er sich aufs Bett setzten wollte, trat er in die Pfütze aus Bier, die sich dort gebildet hatte.
“Scheiße”, fluchte er erneut. Aber er würde sich von diesem kleinen Missgeschick nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er hatte sein Bier uns saß bequem. Der nächste Schritt wäre, Olaf anzurufen. Bestimmt hätte der auch Lust, heute etwas gemeinsam zu unternehmen. Er angelte sein Handy, vertippte sich mehrfach, fand schließlich doch Olafs Eintrag, schaffte es, die Verbindung herzustellen.
Als Olaf den Anruf angenommen hatte, unterbreitete ihm Gregor seinen Plan zur gemeinsamen Abendgestaltung. Doch Olaf reagierte anders als erwartet.
“Bist du schon wieder betrunken?”, fragte er.
“Nein, überhaupt nicht, wie kommst du da drauf”, antwortete Gregor, der mit seinem Fuß ein bisschen im verschütteten Bier malte.
“Du klingst ganz verwaschen. Wie viel Bier hast du schon intus?”
“Keine Ahnung, nicht so viele.”
“Schätze einfach mal.”
“Vielleicht drei oder vier?”
“Mensch Gregor, du kannst dich doch nicht jeden Tag zusaufen. Es ist doch noch nicht mal richtig Abend.”
“Ich bin nicht besoffen, vielleicht ein bisschen beschwipst.”
Sie sprachen noch eine Weile miteinander. Schließlich willigte Olaf ein, Gregor zu treffen. Nicht zuletzt deshalb, weil er sich selbst ein Bild machen wollte. Allerdings auch, weil die Gedanken an die vergangene Nacht und den heutigen Morgen den ganzen Tag über nicht von ihm gewichen waren.