Sechs Wochen nach seiner zwangsweisen Unterbringung in der Psychiatrie wurde Rolf von der geschlossenen auf eine offene Station verlegt. Falls er es nun wolle, könne er die Klinik jederzeit verlassen, sagte man ihm. Doch die hohe Dosis an Psychopharmka, die ihm verabreicht wurde, verhinderte jede eigenständige Entscheidung. Rolf war lediglich in der Lage, Vorschlägen zuzustimmen. Schlug ein Arzt vor, noch zu bleiben, stimmte Rolf zu. Schlug seine Psychologin vor, regelmäßig an einem der ergotherapeutischen Angebote teilzunehmen, stimmte Rolf zu, Schlug die Ergotherapeutin vor, sich an Seidenmalerei zu probieren, damit Rolf auch ein schönes Geschenk zum Muttertage habe, stimmte er zu. Immer musste sich Rolf durch diesen schier endlosen Tunnel in seinem Gehirn an die Oberfläche kämpfen, um auf eine Frage reagieren zu können. Es war wie auftauchen, sich hochschimmen in einer zähen Flüssigkeit. Es kostete unglaubliche Mühe, die ihm für Abwägen und Argumentieren dann fehlte. Oben angekommen, zog es ihn sofort wieder hinab in sein Inneres. Dort wollte er bleiben. Von außen kamen ausschießlich Störungen, über die zu ärgern ihm jedoch die Energie fehlte, So stimmte er einfach immer allem zu. Er unternahm keine Schritte, dem Zugestimmten die Umsetzung folgen zu lassen, Dazu fehlte ihm jeder Antrieb. Doch er verweigerte sich auch nicht, wenn er unmittelbar aufgefordert wurde, etwas konkret Benanntes zu tun, denn auch zur Verweigerung fehlte ihm die Kraft.
Rolf Schwarz 4
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