Rolf Schwarz 5

Während seines Aufenthalts in der Psychiatrie war Rolf immer davon ausgegangen, mit seiner Entlassung würde er unmittelbar in sein gewohntes Leben zrückkehren. Er würde sein Ingenieurstudium wieder aufnehmen, es aufgrund der Dauer seines Klinikaufenthalts, er war nun schon drei Monate hier, ein Semester später als geplant beenden und anschließend als Bauingenieur arbeiten. Dieser Ablauf schien ihm so klar und so selbstverständlich. Allein schon der Gedanke, darüber nachzudenken wäre ihm unsinnig erschienen.

Er fühlte wie er Fortchritte machte. Sein Zustand hatte sich deutlich gebessert. Dies war nicht nur sein Empfinden, die Ärtzte und seine Psychologin kamen ebenfalls überein, ihn auf einem guten Weg zu sehen, wehalb die Medikamente nach und nach reduziert wurden. Der Tunnel, der aus ihm hinaus in die Welt und aus der Welt in ihn hinein führte, wurde hierdurch kürzer. Rolf konnte nahezu unmittlbar reagieren und fühlte sich gut, sicher. ein wenig traurig und erschöpft, aber im Großen und Ganzen gut. Mit der Reduktion der Medikamente verschwand das Roboterhafte aus seinen Bewegungen, er konnte seinen Speichelfluss wieder kontrollieren und seine Haut hörte auf zu schuppen. Wenn er sich beim Anziehen vertat, sein Hemd falsch knöpfte, bemerkte er es und konnte es korrigieren. Vor wenigen Wochen noch wären ihm diese einfachen Abfolgen nicht nur missglückt, sondern das Missglücken wäre ihm nicht aufgefallen. Er machte unübersehbar Fortschritte.

So war er nicht verwundert, als eines Tages eine sehr sympathisch wirkende junge Frau mit hellblondem Haar und einem breiten Lächeln auf ihn zukam, die sich als seine zuständige Sozialarbeiterin vorstellte. Frau Berger sei ihr Name und sie wolle mit ihm über die Zeit nach seiner Entlassung aus der Klinik reden. Damit hatte er gerechnet. Doch was dann kam, war wie ein Schlag in die Magengrube: Den Besuch einer Tagesstätte hielt sie zur Stabilisierung für sinnvoll. Für einen Zeitraum von einem oder eventuell auch zwei Jahren. Darüber hinaus wollte sie mit ihm über eine Antrag auf Erwerbsminderungsrente reden. Er suchte nach Worten, fand aber keine.

 

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