Die Betriebsversammlung 4

Claudia, Wolfram Tietz‘ Frau, war für einige Tage verreist. Dieser Reise war ein Streit vorausgegangen, der um Zuneigung, Verantwortung, das Gefühl nicht mehr begehrt, dafür aber allein gelassen zu werden und den Mangel an häuslicher Unterstützung gekreist war. Wolfram Tietz kannte diese Auseinandersetzungen gut. Sie endeten mit einigen Tagen Auszeit für beide. Die Kinder wurden zu Tietz‘ Schwiegereltern gebracht, wobei sich alle über die Abwechslung freuten. Claudia Tietz verschwand in irgendeinem Ferienressort, wo sie sich das Gefühl begehrt zu werden und ein für sie befriedigendes Maß an Zuneigung zu verschaffen wusste.
Wolfram Tietz wiederum nutzte Claudias Abwesenheit für ausgedehnte Besuche bei Herrin Katharina, die mit ihm Dinge anstellte, die Claudia nie mit ihm machen würde, weil ihr dafür die Fantasie fehlte. Das nahm Wolfram Tietz zumindest an. Er wäre allerdings überrascht gewesen, wenn er erfahren hätte, zu welchen Ausschweifungen Claudia während ihrer sogenannten Auszeiten in der Lage war.
Doch Tietz interessierte es im Grunde nicht. Zwar hatte er eine Ahnung, dass Claudias Auszeiten nicht nur mit seinem vermeintlichen Fehlverhalten, sondern auch mit ihrem sexuellen Begehren zu tun hatten, aber so lange sie immer wieder zurückkam, die Kinder mitbrachte und er während ihrer Abwesenheit Herrin Katharina zu wilden Rollenspielen besuchen konnte, betrachtete er die alle drei bis sechs Monate auszutragenden Streits mit anschließender einwöchiger Abwesenheit Claudias als Win-win-Situation. Ob und mit wem sie in dieser Woche vögelte war ihm eigentlich schnuppe. Er gab sich in dieser Zeit seiner Herrin Katharina und seinem Faible für bizarre Spiele hin.
Im Moment war Hundehaltung das, worauf Wolfram Tietz stand. Und sein Wunsch, als Hund gehalten zu werden, war es, was er vor wenigen Tagen in aller Intensität ausgelebt hatte. Herrin Katharina hatte ihm Zwingerhaltung vom Feinsten angedeihen lassen, war mit ihm Gassi gegangen, wobei er seine Marken setzen durfte, sie hatte Stöckchen geworfen, die er brav apportierte, und schließlich durfte er zum krönenden Abschluss Herrin Katharinas als Hündin verkleidete Zofe Jaqueline besteigen, während Herrin Katharina ihm den Arsch versohlte.
Wolfram Tietz erwachte an jenem Morgen, um den sich unsere Geschichte immer noch dreht, aus einem Traum, in dem er seinem letzten Besuch bei Herrin Katharina noch einmal durchlebt hatte. Erregt durch diesen Traum holte sich Tietz erst mal einen runter, bevor er zum Pinkeln ging. Er machte Kaffee, guckte ein bisschen Porno und genoss Claudias Abwesenheit, bevor er sich auf den Weg zur Arbeit machte.
Als er den Aushang las, schlug seine Laune unmittelbar um. Seine erste Reaktion war, die Einladung zur Betriebsversammlung abzureißen und in den Müll zu werfen. Er hatte schon seine Finger an dem Papier, besann sich dann aber anders. Zum einen ging er davon aus, dass ihn schon eine große Anzahl von Mitarbeitern gesehen hatten, zum anderen war er sich sicher, dass eine Rundmail an alle geschickt worden war, die über die Gründung eines Betriebsrates informierte. Den Aushang abzureißen wäre kindisch erschienen, ein Zeichen von Schwäche. Er zog seine Finger wieder zurück und ging in sein Büro. Sabine Müller, seine rechte Hand, war schon da, der Kaffee war gekocht und sie lächelte.
„Hast du den Aushang gelesen? Die wollen einen Betriebsrat gründen.“ Tietz rührte mit einem Löffel in seiner Tasse.
„Ja, habe ich. Ist das nicht schön. Wir werden langsam erwachsen, eine richtige Firma mit Betriebsrat.“ Die Müller strahlte über das ganze Gesicht.
„Ja, wir werden wohl langsam erwachsen.“ Tietz überlegte, ob er die Müller sofort feuern sollte. Manchmal war sie wirklich eine unglaublich naive und blöde Kuh. Dienstbar zwar, aber total bescheuert. Er griff zum Hörer und rief Roland Schmidt an. Der kapierte auch nicht, was es mit der Betriebsversammlung und der Gründung eines Betriebsrats auf sich hatte. Er machte sich auf den Weg, um es ihm zu erläutern.

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