Rolf Schwarz 11

Auch mit Thomas Greiner war Rolf schnell bem Du. Thomas war in seiner Art ein offener, jedem sofort sympathischer Mensch, der sich unmittelbar darum bemühte, Rolf in die kleine Gesellschaft des Bekloppten-Ateliers, wie er es nannte, aufzunehmen. Thomas schaffte die Balance zwischen auf den ersten Blick brüskierenden Benennungen, die er aber andererseits mit einem unglaublichen Charme, leuchten in den Augen und einnehmender Gestik vortrug, so dass kein Gefühl der Beleidigung aufkam. Über die anderen Besucher der Tagesstätte sprach er gerne als Psychos, Verrückte, Idioten und Bekloppte, nahm sich dabei selbst nicht aus und unterlegte das mit Lachen und Augenzwinkern, so dass niemand sich brüskiert fühlte. Thomas war in beinahe schon beängstigender Weise dauerhaft positiv gestimmt. Aufgrund seiner Erfahrung in der Klinik hatte Rolf eine Idee in welche Richtung dies gehen könnte. Rolf fragte nach und Thomas bejahte. Ja, er sei bipolar. Aktuell hypomanisch, aber alles noch im grünen Bereich. Das konnte natürlich schnell kippen und zwar in jede erdenkliche Richtung. In seiner letzten manischen Phase hatte sich Thomas ruiniert. Er hatte Reisen unternommen, weit über seine Verhältnisse eingekauft, alles, was ihm unter die Augen kam, sich hoch verschuldet, Drogen genommen, quer durch die Bank. Jetzt war insolvent und seine Leber war in ziemlich desolatem Zustand. Hepatitis. Aber sonst war lief es im Moment wieder gut für ihn. Aus den Schulden würde er zwar nie wieder heraus kommen. Aber hier in der Tagesstätte sei es okay. „Schön bekloppt. Muss man sich nich verstecken.“

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