Das Gespräch mit dem Anwalt verlief nicht ganz nach seinen Vorstellungen. Tietz hatte das Problem geschildert und sein Gesprächspartner hatte vielfach “tststs” gemacht. Das war, da war sich Wolfram Tietz sicher, kein gutes Zeichen. Rauswerfen konnte man die drei nicht. Der Anwalt hatte ihm geraten anders vorzugehen, aus einer ganz anderen Richtung zu denken. Das wollte Tietz später tun. Zunächst wollte er sich mit den dreien unterhalten. Vielleicht war das Problem ganz einfach in einem Gespräch zu lösen. Zumindest versuchen wollte er es.
Am frühen Nachmittag erhielten daher Olaf Graf, Gregor Bauer und Caroline Gottschalk eine Email von Tietz’ Assistentin Sabine Müller, in der sie in die Personalabteilung gerufen wurden.
In dem Moment, als Gregor Bauer und Caroline Gottschalk die Email lasen, war es für sie, als würde sich damit eine Ring lösen, der sich um ihre Brust spannte. Es war ihnen gar nicht aufgefallen, wie sehr ihre Anspannung in den letzten Stunden zugenommen hatte. Endlich tat sich etwas, etwas kam in Bewegung. Dieser ungewisse Zustand, der den ganzen Morgen über angehalten hatte, löste sich nun in Aktion auf. Das war ihnen eine Erleichterung. Bei Olaf Graf war es genau anders herum. Er fühlte, jetzt würde etwas beginnen, das an die Nerven gehen würde. Ihm war die Stille des Morgens lieber, denn er ahnte, von jetzt ab würde es schwer werden.
In der Personalabteilung angekommen, wurden sie von Sabine Müller gebeten, noch einen Moment zu warten. Sie zwinkerte den dreien lächelnd zu und meinte “Tolle Idee! Ihr habt uns alle überrascht.” Irritiert blickte Gregor Bauer zu Olaf und Carolina. Die zuckte mit den Schultern und warf ihr blondes Haar nach hinten.
“Ich traue dem Frieden nicht”, flüsterte Olaf den beiden zu.
“Ach komm schon! Sei nicht so negativ. Das wird alles total easy. Die finden das gut und wir ziehen das Ding durch.” Caroline war überzeugt, auf viel Verständnis, ja sogar auf echte Gegenliebe für das Vorhaben zu stoßen.
Gregor war sich unsicher. “So einfach habe ich mir das nicht vorgestellt. Ich glaube, da kommt noch was.” Er fuhr sich mit der Hand über den Nacken und kniff die Augen zusammen.
Auf der anderen Seite der Tür telefonierte Tietz gerade mit Roland Schmidt. Er fasste das Gespräch mit dem Anwalt zusammen. Wie erwartet wurde Schmidt cholerisch. Tietz hörte, wie irgendein Gegenstand gegen die Wand geworfen wurde. Kurz darauf legte er auf. Er brauchte noch einen Moment. Er wollte auf keinen Fall mit dem Gedanken an einen tobenden Schmidt in das Gespräch mit den dreien gehen. Zehn Mal atmete er langsam ein und aus.
Ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… ein… aus… So!
Tietz stand auf, ging zur Tür, zog die Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben, versuchte zu erfühlen, ob es echt aussah, glaubte an sich und öffnete die Tür.
“Pardon, mein Anruf hat einen Moment länger gedauert. Wunderbar, Frau Gottschalk, Herr, Graf, Herr Bauer. Freut mich, alle da”, sagte er. “Kommen sie doch einen Moment herein.”