Geplant hatte ich einen lustig-unterhaltsamen Abend, geworden ist daraus ein Desaster und ein einziges, großes Ärgernis. Ich wollte mir den Eurovision Song Contest im Schwuz anschauen. Das hatte ich schon häufiger gemacht, ich wusste so in etwa, auf was ich mich einließ und was mich erwartete. Dass der russische Beitrag und vor allem Russland im Vorfeld auf der Seite eurovision.de von den dortigen Moderatoren kräftig runter gemacht wurde, hatte ich hingenommen. Der über die russsischen Verhältnisse völlig fehlinformierte Jan Feddersen konnte sich kaum bremsen und teilte mit jedem zweiten Satz gegen Russland aus. Er lässt sich in seiner Selbstdarstellung als Mann mit Meinung feiern, dabei hat er gar keine. Er plappert nur nach. Völlig hohl. Peinlich obendrein, denn der Mann hatte von den Vorgängen und Entwicklungen in Russland ganz offensichtlich nicht den Hauch einer Ahnung. Völlig frei von jedweden Fakten blubberte Feddersen die üblichen Stereotype hoch und runter. Er verstieg sich sogar zu der These, Russland würde technisch in seinen Beiträgen beim ESC immer viel auffahren, so ”dass die Russen Stimmen aus dem freien Europa bekommen”. Jan Feddersen wäre sicherlich auch in Nordkorea eine steile journalistische Karriere möglich, denn er ist völlig erbarmungslos, von jeder journalistischen Ethik befreit auf der gerade herrschenden Linie.
Wie diese Propaganda wirkt, durfte ich dann gestern Abend bestaunen. Im Schwuz nahm Jurassica Parka auf ihrem Sofa platz und kommentierte den Eurovision Song Contest. Sie gab Belanglosigkeiten von sich, echauffierte sich über Frisuren und Outfits, blieb völlig im Klischee stecken. Alles wunderbar.
Nur ein einziges Mal verließ sie die Rolle der zickigen Transe. Nach dem Beitrag Russlands wandte sie sich mit einem Verbot direkt ans Publikum. “Russland wählt ihr nicht. Die mögen uns nicht und wir mögen die nicht!”
Was soll ich sagen? Meine gute Laune, mein unterhaltsamer Abend waren schlagartig dahin. Was für eine hohle Kuh! Die nahm doch tatsächlich das Geschwätz der Systemmedien für bare Münze.
Hatte die noch nicht mitbekommen, dass wir eine schwere Medienkrise haben, dass im Grunde alles, was da im Hinblick auf Außenpolitik verbreitet wird, mindestens fragwürdig ist? Von Assads Giftgasattacken auf das eigene Volk, über die diversen Farbrevolutionen und die faulen Griechen bis hin zur Berichterstattung über den US-Wahlkampf ist das alles mit Vorsicht zu genießen, was da medial präsentiert wird. Und im Hinblick auf Russland sowieso.
Das ist ja inzwischen medienkritisches Basiswissen. Wie kann man da noch so einen Blödsinn von sich geben, obendrein noch meinen, man wäre eine queere Aktivistin? Es gehört doch zur Grundausrüstung politischen Aktivismus‘, dass man den Systemmedien nicht ungeprüft Glauben schenkt.
Jurassica Parka tut dies nicht, sonst wüsste sie, dass es in Russland zwar ein fragwürdiges Jugendschutzgesetz aber keine strukturelle Gewalt gegen Schwule und Lesben gibt, wie das hier bei uns immer wieder behauptet wird.
Parka und mit ihr viele andere Pseudoaktivisten lassen sich mit ihrer kritiklosen Übernahme von Anschuldigungen gegen Russland zum Instrument einer Auseinandersetzung machen, in der es um die Rechte von Schwulen und Lesben überhaupt nicht geht. Es geht um schnöde Geopolitik. Und es geht darum, die Bereitschaft in der Bevölkerung für eine zunehmende Aggression gegenüber Russland medial herzustellen. Jurassica Parka und Feddersen machen da schön mit. Wer glaubt, es ginge in der Auseinandersetzung mit Russland um die Regenbogenflagge und wer wann wo Händchen halten darf, der glaubt vermutlich auch, dass der Osterhase Eier legt.
Zum queeren politischen Aktivismus gehört nicht nur, von CSD zu CSD zu tingeln und sich dort volllaufen zu lassen. In Aktivismus steckt das Wort Aktivität. Dazu gehört auch, dass man sich um ein Mindestmaß an Wahrheitsgehalt aktiv bemüht, sich informiert und sich nicht einfach passiv informieren lässt, bevor man irgendwas in die Welt hinaus bläst.
Das hat der queere Aktivismus hierzulande leider völlig vergessen. Hier gilt schon als Aktivist, wer einfach immer nur noch lauter als alle anderen, das, was allen als wahr gilt, schrill heraus plärrt. Das ist allerdings kein Aktivismus, das ist einfach nur spießig systemkonform, im schlimmsten Fall sogar gefährlich.
Nun was soll ich sagen. Wie der Abend endete, weiß heute jeder. Der ukrainische Beitrag gewann mit einem geschichtsklitternden Liedchen, das die Verschleppung der Tataren thematisiert, ihre Kollaboration mit den Nazis aber verschweigt.
Ich bin schon sehr gespannt, wie der meinungsstarke Jan Feddersen im nächsten Jahr den ESC in der Ukraine systemkonform schönreden wird. Sind ja alles Vorbilddemokraten da, die gegen Korruption, für den Anschluss an die EU und mehr Demokratie auf die Straße gegangen sind. Hab ich mit eigenen Augen gesehen.
Da könnte sich im nächsten Jahre dann zum Beispiel die queere Aktivistin Jurassica Parka auf dem Maidan auf ein regenbogenbeflaggtes Sofa setzen, von dem aus sie vor Großbildleinwand unterhaltsame Kommentare zu den Beiträge abgeben könnte. Es wäre tatsächlich interessant zu erfahren, wie lange sie da sitzen würde. Bliebe dann nur noch zu wünschen, dass sie gut rennen kann in ihren High-Heels.
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